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POOLS "YOU & US": AM ENDE DER LIEBE

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Einerseits ist es eine alte Mär, dass der Künstler per se am Leben verzweifeln muss, damit seine Kunst Aussagekraft besitzt. Manchmal liegt in dieser Betrachtung aber auch so etwas wie ein Fünkchen Wahrheit. Zumindest ist bei Pools Album "You & Us" das eingestürzte Weltbild von Sänger Arvid Hällagård deutlich herauszuhören. Als er an "You & Us" arbeitete, durchlebte er gerade eine Scheidung. Zu behaupten, dieses Ereignis würde keine Auswirkung auf seine Kusnt haben, wäre eine krasse Verkennung der Sachlage.

Ganz im Gegenteil: Der Sänger mit der schneidend souligen Stimme verarbeitet in diesem Album seinen Schmerz. Wie tief dieser sitzt, lässt bereits der Titel erahnen. "You & Us" -  von einem "Wir" ist die Rede, und von einem "Du", aber nicht von einem "Ich". Als ob seine Existenz ausgelöscht worden wäre. Genau so hört es sich an. Und genau so muss es auch beabsichtigt sein.


Den ultimativen Schlusspunkt setzen Pools bereits an den Anfang mit der minimalen Gospel-Blues-Nummer "Grave", die sich auf Augenhöhe mit Stücken wie Hozier
s "Take Me To Church" oder "Human" von Rag'n'Bone Man befindet. Der Protagonist trägt seine Beziehung zu Grabe, der schleppende Rhythmus ist der Taktgeber für das Ausheben des Erdlochs. Dazwischen wird darüber sinniert, wie es so weit kommen konnte, ohne aber die Antwort darauf bereit zu haben.

Von diesem Punkt aus entfaltet sich das Album zu einem überlebensgroßen Werk, das mit seiner Mischung aus Gospel, Blues und Americana ganz tief in der Seele gräbt und alle Emotionen, die es zu entdecken gibt, zu Tage befördert. Besonders "By The Old Noon" ist eine klassische Blues-Story, die sich wohl nicht ganz unabsichtlich an die inkommensurablen Stücke eines Tom Waits anlehnt.


Seinen intensivsten Moment erfährt "You & Us" in "How The Rivers Flows", bei dem der Protagonist den Blickwinkel seiner Partnerin einnimmt und versucht, zu verstehen, wie es zum endgültigen Schlusspunkt kommen konnte. Mit einfachsten Mitteln - der Song kommt ohne Schlagzeug aus - kreieren Pools eine fast schon therapeutische Atmosphäre, in der alle Blickwinkel betrachtet werden.

Wie bereits Oasis gesungen haben: "Don't Look Back In Anger" - Pools beherzigen diesen Spruch. In keinem Moment von "You & Us" wird angeklagt oder gar gehasst. Arvid Hällagård hat mit seiner Vergangenheit abgeschlossen. Ein Zweifel aber bleibt: "This Dance" ist ein pseudo-versöhnlicher Abschluss. In diesem Stück scheint sich alles in eine positive Richtung zu bewegen. Die kompositorische Herangehensweise mit den fuzzigen Gitarren, die wie eine Barriere zu den jubiliereden Bläsern stehen, jedoch zeigt, dass das lyrische Ich immer noch von unglaublichen Zweifel und Ängsten getrieben und blockiert ist.


Am Ende drängt es den Hörer selbst, in die Rolle des Analysten zu schlüpfen und Arvid zu erklären, dass es Zeit braucht, ehe man bereit für eine neue Liebe ist. Allein die Tatsache, dass dies geschieht, macht deutlich, mit welcher Intensivität, Verletzlichkeit und Offenheit Pools zu Werke gegangen sind. "You & Us" ist einerseits Therapie, andererseits eines der größten musikalischen Geschenke dieses Jahres.

||TEXT: DANIEL DRESSLER | DATUM: 17.06.21 | KONTAKT | WEITER: PARADE GROUND VS. THEE HYPHEN>

Webseite:
thebandpools.bandcamp.com

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COVER © SOMETHING BEAUTIFUL RECORDS

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